Wird „Gutmensch“ zum Schimpfwort?

Es macht mich saumässig hässig, wenn ich all die fremdenfeindlichen Kommentare nach den Anschlägen in Paris lese. Die Opfer sind noch nicht mal beerdigt, und schon wird auf ihrem Buckel weitere Hetze gegen die Flüchtlinge oder einfach mal pauschal gegen alle Moslems betrieben. Anstatt zuerst den unschuldigen Opfern zu gedenken und Anteil zu nehmen, werden diese schrecklichen Ereignisse sofort instrumentalisiert und zu rechtpopulistischen Propaganda-Zwecken missbraucht. Das ist einfach himmeltraurig und pietätlos. Dabei werden Aussagen gemacht, welche auf Halbwahrheiten beruhen, in keinem Zusammenhang zu den Anschlägen stehen, oder einfach schlichtweg falsch sind. Diese Aussagen werden dann hirnlos weiterverbreitet, geteilt und geliked, ohne auch nur im Geringsten über den Wahrheitsgehalt nachzudenken. Das Schlimme dabei ist noch, dass alle die solchen Aussagen etwas entgegnen oder sie ins rechte Licht rücken wollen, als „Gutmenschen“ beschimpft und unterschwellig auch noch mitschuldig gemacht werden. Und vermutlich werde auch ich nach diesem Post nicht von solchen Beschuldigungen verschont bleiben. Trotzdem lasse ich mich nicht davon abhalten, hier meine Meinung zu äussern. Die Attentäter von Paris waren keine Flüchtlinge, sie waren Migranten der 2. und 3. Generation, welche in den Banlieues in Frankreich oder in Molenbeek in Brüssel aufgewachsen sind. Orte wo die Intergration kläglich gescheitert ist und wo keine Perspektive vorhanden ist. Wer tatsächlich glaubt, dass Flüchtlinge zu uns kommen, nur um Europa zu erobern, uns zu islamisieren oder uns bei Widerstand gar zu töten, ist schlicht und einfach weltfremd. Der Zusammenhang zwischen der Flüchtlingswelle und den Attentaten in Paris besteht lediglich darin, dass die Flüchtlinge von denselben Kreisen verfolgt, verjagt und getötet werden, welche auch die Unschuldigen in Paris getötet haben. Mit dem Unterschied, dass das was in Paris am 13.11.15 geschehen ist, in ihrer Heimat jeden Tag passiert. Zur Erinnerung: seit dem Beginn des Bürgerkrieges in Syrien 2011 sind rund 250‘000 unschuldige Menschen ums Leben gekommen, das sind seit 4 Jahren jeden Tag mehr Tote als letzten Freitag in Paris. Natürlich kommen die Flüchtlinge zu uns, um ein besseres Leben zu haben, denn sie wollen einfach leben, und das ist in jedem Fall besser als nicht zu leben. Wir haben die Wahl, wir können sie aufnehmen, ihnen vorübergehend Schutz bieten, sie integrieren und ihnen eine Perspektive bieten, oder wir können sie aussperren und verrecken lassen. Aber dann machen wir uns definitiv mitschuldig. Da bleibe ich dann doch lieber ein Gutmensch.

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